Eine Umstellung im Jugend-Fußball macht sehr viel Sinn!

(von Marcel Fennel)
MAINZ – Schneebedeckte Kunstrasen, wassergetränkte Hartplätze und knöcheltiefe Rasenplätze – jeder Amateurfußballer kennt die Situation, wenn es im Dezember Richtung Winterpause geht. Während nahezu alle mitteleuropäischen Fußballverbände ihre Saison von August bis Ende Mai spielen, haben die skandinavischen und baltischen Länder ihre Spielzeit den Witterungsbedingungen angepasst und auf das Kalenderjahr umgestellt. Ein Modell, das auch hierzulande funktionieren würde? Noch zieren sich Vereine und Verbände in Fußball-Deutschland, diesen Schritt zu gehen, doch gerade im Juniorenbereich gibt es gute Gründe, die für eine Umstellung sprechen – aber natürlich auch Gründe dagegen. Welche das sind und wie so eine Jugendfußball-Saison im Kalenderjahr am Beispiel des Südwestdeutschen Fußballverbandes (SWFV) aussehen könnte – ein Überblick.
Wann würde die Saison starten und wann wäre sie zu Ende?
Ein Saisonstart Mitte März würde ausreichen, um die Spielzeit bis Ende November zu Ende zu bringen – inklusive Pokalwettbewerb. Für das kommende Jahr 2022 würde das konkret bedeuten: Die Saison beginnt am Wochenende des 19./20. März und endet spätestens am 26./27. November.
Wie viele Wochenenden stünden für die Saison zur Verfügung?
Bleibt man in diesem Zeitkorridor und rechnet die Wochenenden während der Schulferien heraus, sind es 28 Wochenenden, die zur Verfügung stünden. Bedenkt man, dass Juniorenligen im SWFV in der Regel maximal 14 Mannschaften umfassen, wäre es zeitlich sogar machbar, alle 26 Spieltage nur auf die Wochenenden zu terminieren – und hätte dann sogar noch zwei als Puffer für Nachholspiele. Darüber hinaus gibt es gerade in den wärmeren und helleren Monate Mai, Juni und Juli zusätzlich die Option, Wochenspieltage zu integrieren – auch für Teams, deren Plätze kein Flutlicht haben. Insgesamt 27 Spieltermine unter der Woche wären maximal verfügbar, die Pokalspieltage (siehe unten) allerdings noch nicht eingerechnet.
Müsste in den Schulferien gespielt werden?
Nein. Die Ferienzeiten sind bei dieser Modellrechnung berücksichtigt. Sowohl in den Osterferien (13. bis 22. April) als auch in den Sommerferien (25. Juli bis 2. September) sowie den Herbstferien (17. bis 31. Oktober) würden keine Spiele 2022 stattfinden. Gleiches gilt auch für die Feiertage in Rheinland-Pfalz im kommenden Jahr.
Was ist mit der Pokalrunde?
Im SWFV umfasst eine Pokalrunde im Jugendbereich maximal sechs Runden. So wie aktuell eignen sich dafür auch in Zukunft in erster Linie Tage unter Woche. Um ein Endspiel nicht im kalten und ungemütlichen November spielen zu müssen, könnte eine Pokalrunde in 2022 beispielsweise so aussehen: Runde eins: 5. bis 7. April, Runde zwei: 3. bis 5. Mai, Runde drei: 24./25. Mai, Runde vier: 14./15. Juni, Runde fünf: 5. bis 7. Juli, Finale: 20. Juli.
Was passiert mit den großen Jugendturnieren im Sommer?
Da der Terminplan – gerade auch durch die Wochenspieltage – sehr viele Möglichkeiten bietet, könnten im Mai, Juni und Juli durchaus Wochenenden für Sommerturniere geopfert werden. Auch Feiertage wie Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag und Fronleichnam inklusive der dazugehörigen Brückentage würden sich dafür anbieten.
Was bedeutet eine Saison im Kalenderjahr für den Hallenspielbetrieb?
Die Hallenrunde würde von einer Spielplanrevolution sogar profitieren. Weil im Dezember und Januar nicht gespielt wird, bleiben für die Vereine genug Möglichkeiten, um ihre bei den Nachwuchskickern beliebten Turniere auszurichten.
Was halten die Jugendleiter von einer Umstellung der Saison auf das Kalenderjahr?
„Ich finde die Idee grundsätzlich gut“, sagt Samuel Horozovic, Jugendleiter beim TSV Schott Mainz. Innerhalb des Clubs habe man sich bereits lose über das Thema unterhalten, beim Verband ist man damit aber noch nicht vorstellig geworden. Was für Horozovic pro Umstellung spricht: „Im Sommer spielt man einfach lieber als im Winter. Außerdem kommen mehr Zuschauer, wenn es warm ist – sofern sie natürlich wieder dürfen.“ Einer Häufung von Wochenspieltagen steht er dagegen kritisch gegenüber – zumindest, was seinen Club betrifft. „Das ist bei uns wegen der Platzbelegung schwierig. Jedes Pokalspiel ist eigentlich schon eine Katastrophe.“
Beim SV Gonsenheim hält sich die Begeisterung für eine Saison im Kalenderjahr in Grenzen. „Wir finden es gut, wie es aktuell ist“, sagt Jugendleiterin Bettina Stritter stellvertretend für ihren Club. Die Begründung für diese Haltung liefert Stritter umgehend hinterher: „Eine Umstellung aufs Kalenderjahr würde bedeuten, dass es vorher entweder eine Rumpfsaison oder eine verlängerte Spielzeit geben müsste. Beides dürfte schwierig sein umzusetzen. Außerdem müssten bei einer Umstellung alle Landesverbände mitmachen. Wenn der SWFV seine Saison anpasst, Hessen aber nicht, wie laufen dann beispielsweise Spielerwechsel zwischen beiden Verbänden ab?“ Hinzu kommt laut Stritter und dem SVG, dass die Winter inzwischen nicht mehr so hart seien und die Plätze kaum noch von Schnee und Eis befreit werden müssten. „Das war vor 17 Jahren, als ich im Jugendbereich begonnen habe, noch anders“, erinnert sich die SVG-Jugendleiterin, um abschließend festzuhalten: „Eine Umstellung auf eine Saison im Kalenderjahr hätte aus unserer Sicht wenig Nutzen, dafür aber viel Aufwand.“